Sisterhood: Wie du in Verbindung mit anderen Frauen* heilen kannst

Was bedeutet eigentlich Sisterhood und wie unterscheidet sie sich vom Feminismus? Wie zeigt sich die Sisterhood Wound und was kannst du konkret unternehmen, sie zu heilen? Erfahre in diesem Blog-Artikel, wie kraftvoll die Verbindung zu anderen Frauen* sein kann und wie dein ganz konkreter nächster Schritt zu mehr Sisterhood in deinem Leben aussehen kann.

Inhalt

Warum wir die Sisterhood Wound unbedingt heilen sollten

Schauen wir uns nur die TV-Shows an, in denen 30 Frauen bis aufs Blut um die Gunst eines Mannes konkurrieren. Ganz zu schweigen von den Millionen Frauen, die sich das vom Sofa aus anschauen und das Verhalten oder Aussehen jeder Einzelnen kommentieren.

Oder die Werbung, die uns suggeriert, dass wir eine bessere Mutter und Hausfrau sind, wenn wir die hochwertigere Küchenmaschine besitzen als die armselige Nachbarin.

Oder die unangenehmen Scanner-Blicke, denen du bestimmt auch schon standhalten musstest, wenn du einen Club oder einen Raum mit vielen Frauen betreten hast. Die abchecken: “Ist sie schöner/ schlanker/ besser/ toller/ … als ich?”

Oder die viralen Pick-Me-Girl-Videos auf Social Media, in denen Mädchen stolz verkünden, dass sie “anders als alle anderen Mädchen” sind. Was bitte soll das heißen?

All das ist kein Einzelphänomen, sondern ein über Jahrtausende aus den Blüten des Patriarchats gewachsenes Kollektivtrauma.

Die so genannte “Sisterhood Wound” (dt.: Schwesternschaftswunde, ich liebe die deutsche Sprache 🤪) bezeichnet ein kollektives Phänomen, das viele Frauen in unserer patriarchalen Gesellschaft betrifft. Wir haben gelernt, andere Frauen eher als Konkurrentinnen wahrzunehmen, ihnen nicht zu vertrauen, uns mit ihnen zu vergleichen, ihre Erfolge kleinzureden oder sie für ihre Einzigartigkeit zu belächeln. Diese Erfahrungen sind wie kleine Fingerabdrücke, die ihre Spuren hinterlassen und häufig ganz unbewusst unseren Umgang mit anderen Frauen prägen.

Doch zunächst etwas Theorie, was ist Sisterhood überhaupt und was hat das mit Feminismus zu tun?

 

Sisterhood als gelebter Feminismus

Feminismus ist eine globale Bewegung gegen Sexismus, Diskriminierung und Unterdrückung auf Grundlage des Geschlechts. Wobei sich die erste Welle des Feminismus (1848 bis 1920) hauptsächlich auf das Wahlrecht der Frau konzentrierte, setzte sich die zweite Welle (1963 bis in die 1980er) für eine Befreiung der Frau von ihrem klassischen Rollenbild ein. Dabei war zentrale Akteurin aber zumeist die weiße Frau aus der Mittelschicht. Die dritte Welle (ca. 1990 bis heute) ist inklusiver, d.h. sie bespricht beispielsweise auch Herausforderungen von BIPOC- oder queeren Menschen. Hier kam erstmalig das Konzept der Sisterhood hinzu. Man spricht übrigens mittlerweile von einer vierten Welle, die um die Jahre 2008, 2009 begonnen hat und ihren “Kampf” vor allem online (bspw. mit #MeToo) austrägt. Sie ist queer, transinklusiv, körper- und sex-positiv.

Sisterhood ermutigt Frauen dazu, sich bei dem Kampf gegen Sexismus gegenseitig zu unterstützen. Sisterhood erkennt als Konzept an, dass sich nicht nur Männer, sondern auch Frauen sexistisch gegenüber anderen Frauen verhalten können, bspw. durch Konkurrenzkampf und Manipulation.

Die Feministin und Autorin Bell Hooks definiert Sisterhood in ihrem Aufsatz “Sisterhood: Political Solidarity between Women” so:

“We can be sisters united by shared interests and beliefs, united in our appreciation for diversity, united in our struggle to end sexist oppression, united in political solidarity.”


Die Ziele und Visionen, die uns einen, tragen also dazu bei, dass wir uns gegenseitig stärken – solidarisch sind mit allen Frauen* – egal, welche sexuellen Orientierung, Hautfarbe oder Herkunft sie haben, wie viel Haut sie zeigen, ob sie hinter dem Herd stehen oder Chefin eines Konzerns sind.

Aufgrund tief greifender Konditionierungen ist diese Solidarität häufig gestört, es gibt ein paar “Symptome”, wie sich die verletzte Sisterhood bei dir zeigen kann.


So zeigt sich die Sisterhood Wound

Evolutionstheoretisch gibt es viele meiner Meinung nach fadenscheinige Argumente für das rivalisierende Verhalten unter Frauen, glaubhafter für mich macht es die feministische Psychologie, die besagt:

Frauen wird durch unsere gesellschaftlichen Strukturen vermittelt, dass ihr Wert von Männern abhängig ist und sogar bestimmt wird.
Das führt dazu, dass sie gegen “ihresgleichen”, also andere Frauen kämpfen, um ihren Wert nicht zu verlieren.

Also: Es ist ganz normal, wenn du dich in einigen der im Folgenden beschriebenen Situationen erkennst. Verurteile dich dafür nicht, sondern nimm erstmal bewusst wahr.

Doch wie kann sich die verletzte Beziehung zu anderen Frauen bei dir konkret zeigen?

Verurteilung und Abwertung anderer Frauen

Das beginnt dabei, Frauen zu verurteilen, wie sie sich kleiden, was sie sagen und wie sie sich ausdrücken. Und hört auf damit, die Erfolge anderer Frauen klein zu reden – “sie hatte Glück”, “sie sieht ja einfach so gut aus, kein Wunder, dass sie so viele Angebote bekommt” oder sogar “mit wem hat sie wohl geschlafen?”.

Ich habe es nicht selten – gerade im beruflichen Kontext – erlebt, dass ich mir von einer weiblichen Führungskraft Kommentare über meine Figur, meine Kleidung oder meine Gesichtsfarbe anhören durfte. All das ist Sexismus und ein Zeichen einer großen Sisterhood Wound. Aber auch ich darf mir an die eigene Nase fassen: Ich habe jahrelang Frauen verurteilt, die sich sexy und aufreizend gekleidet haben. Denn in meinem Kopf lief der Film ab: Das ist billig, sie biedert sich an, was will sie sich selbst damit beweisen, wen will sie damit beeindrucken, etc… Das zu erkennen und zu hinterfragen, ist der erste Schritt, die Wunde zu heilen. (Siehe Kapitel 3.)

Missgunst, Konkurrenzdenken und Vergleichen

Wir bekommen vermittelt, dass es von Machtpositionen, gut bezahlten Jobs, sportlichen Körpern oder gut aussehenden Männern nicht genug gibt und wir deshalb mit anderen Frauen darum konkurrieren. Das führt dazu, dass wir uns nicht die Dinge gegenseitig gönnen, die wir uns selbst wünschen.

Anstatt es als Anreiz, als Motivation zu sehen, wenn eine andere Frau die Partnerschaft oder den Erfolg hat, die du dir wünschst, vergleichst du dich und siehst nur deinen Misserfolg. Hier gibt es tatsächlich viele Studien, wie unterschiedlich der Erfolg anderer Menschen auf die Motivation und das Verhalten von Männern und Frauen wirkt. Männer pushen sich gegenseitig, da es sie motiviert zu sehen, dass es ein anderer “geschafft” hat. Sie kooperieren miteinander, da sie das patriarchale System seit Jahrtausenden dafür belohnt. Anders ist es bei Frauen. Sie waren häufig auf sich allein gestellt und hatten für die längste Zeit nichts davon, anderen Frauen zu mehr Erfolg zu verhelfen.Und das hat Spuren hinterlassen.

Unsicherheit und Misstrauen

Du fühlst dich in Gegenwart anderer Frauen häufig unsicher und dir fehlt es schwer, Vertrauen zu fassen? Dein (engerer) Freundeskreis besteht hauptsächlich aus Männern? Auch das können Hinweise auf eine Sisterhood Wound sein.

Eventuell hast du schmerzhafte Erfahrungen gemacht, dass du dich nicht auf Frauen verlassen kannst, wenn es darauf ankommt. Oder du hast in deiner Kindheit wichtige Verbindungen mit Mädchen verloren, die dir wichtig waren.

Diese Erfahrungen und den Schmerz projizierst du dann höchstwahrscheinlich in andere Beziehungen zu Frauen, die damit erst einmal gar nichts zu tun haben. Auch das ist normal!

Wichtig ist hier, das Bewusstsein dafür zu schaffen, indem du dich – wie gerade, indem du diesen Artikel liest – darüber informierst, mit anderen Frauen über deine Erfahrungen sprichst und deine eigenen Glaubenssätze und Verhaltensweisen hinterfragst.


So heilst du deine Beziehung zu anderen Frauen*

Mach’ dir deine eigenen Wunden & Glaubenssätze bewusst

Schnapp dir dein Journal oder ein Blatt Papier und schau dir einmal deine Beziehungen zu anderen Frauen an. Zu deiner Mutter, deiner Schwester, deinen Freundinnen und Kolleginnen und beobachte, welche Muster sich zeigen.

Hier sind ein paar Journal Prompts, die dir dabei helfen:

  1. Gibt es ein übergeordnetes Thema in meinen weiblichen Beziehungen?
  2. Was fühlt sich in diesen Beziehungen gut an?
  3. Wovon wünsche ich mir mehr in diesen Beziehungen?
  4. Was fühlt sich in diesen Beziehungen nicht gut an?
  5. Fühle ich mich 100% authentisch?
  6. Ist die Beziehung ausgeglichen und ausgewogen?
  7. Was fordert mich in diesen Beziehungen heraus?

 

Habe Mitgefühl & Demut

Wenn du spürst, dass du eine andere Frau bewertest oder verurteilst, versetze dich einmal in ihre Lage. Stell dir vor, du wärst an ihrer Stelle, hättest die Dinge erlebt, die ihr widerfahren sind und suche ganz bewusst nach Gemeinsamkeiten. Stelle Unterschiede zwischen dir und ihr fest und feiere sie! Was bewunderst du an ihr, was schätzt du an dir selbst?

Häufig sind wir so hart zu anderen Menschen, weil wir uns selbst gegenüber streng und abwertend sind. Ich kann ein Lied davon singen. Ich bin in einer Familie groß geworden, wo ein abwertender Umgang miteinander so normal ist wie der Kaffee am Morgen. Und diese Muster habe ich ganz unbewusst übernommen – meine Freundinnen schnell dafür verurteilt, wenn sie mal “schwach” waren oder lange gebraucht haben, ihr Studium abzuschließen.

Bis mir bewusst wurde, dass das nur ein Spiegel davon ist, wie schnell ich mich selbst verurteile und abwerte. Mitgefühl mit mir selbst war der Schlüssel, um auch mehr Mitgefühl mit meinen Freundinnen zu haben.

Wir können nur so viel Mitgefühl uns selbst gegenüber haben, wie wir anderen Menschen zeigen.



Zeig dich verletzlich

Häufig ziehen wir uns zurück, wenn wir verletzt sind. Wir schützen unser gebrochenes Herz, indem wir eine dicke Mauer um es herum aufrichten. Wir blocken ab, verteidigen uns und werden vielleicht sogar beleidigend.

Was mir hier am meisten geholfen hat, ist wirklich mit offenen Herzen das zu teilen, was mich gerade so verletzt. Ohne die andere Person zu verurteilen oder ihr die Schuld zu geben.

Zeige dich verletzlich: Welche Situation hat welches Gefühl bei dir ausgelöst? Und welches Bedürfnis steht dahinter und was kann deine Freundin/ Mutter/ Schwester/ etc. dafür tun, dass dieses Bedürfnis erfüllt wird?

Mich im Kreise anderer Frauen verletzlich zu zeigen, hat mir sehr viel Heilung gebracht – vor allem, was meine tiefen Sisterhood Wounds angeht.



Unterstütze andere Frauen* & lass dich unterstützen!

“Jede ist ihres Glückes Schmied” – hier würdest du doch zustimmend nicken, oder?

Stimmt ja auch zu einem gewissen Grad, aber was ich (nochmal mehr seit meiner Selbstständigkeit) bestätigen kann: Das Glück wird so viel einfacher geschmiedet, wenn du starke Frauen an deiner Seite hast! Die dich pushen, deine Vision teilen, deine Erfolge feiern und dich in Momenten des Zweifels und Hinterfragens halten.

Und es ist nichts erfüllender, als andere zu unterstützen. Die Glücksgefühle, die ich habe, wenn ich einer anderen Business-Frau ein geiles Feedback zu ihrer Arbeit schreibe, kann ich mit nichts anderem vergleichen.

Versuche den Erfolg anderer Frauen als Inspiration zu sehen, lass dich von ihnen anspornen und vielleicht sogar coachen. Wenn sie das kann, dann kann ich das auch! Der Erfolg deiner Sister ist auch dein Erfolg.

Nutzt und vereinigt eure Stärken – together we rise!



Finde deinen Sisterhood-Tribe!

Wenn du eine andere Frau siehst, wie sie ihre Unsicherheiten teilt, wie sie sich verletzlich zeigt und all das ausdrückt, was sie ausmacht, passiert Magie!

Nur, wenn wir andere ohne Bewertung, Scham oder Konkurrenzgedanken sehen können, können wir uns auch selbst so klar und wahrhaftig sehen. Und so heilen wir: Wenn wir zusammenkommen und diesen Teil von uns schamlos akzeptieren, der verletzt ist und geheilt werden möchte. Scham wird machtlos, sobald wir sie teilen. Oder wie Brené Brown es so schön formuliert:

Shame derives its power from being unspeakable.” (Brené Brown)

Du hast in deiner Sexualität Herausforderungen wie geringe Libido, mangelndes Selbstvertrauen oder ausbleibende Orgasmen? Und schämst dich vielleicht dafür, denn du denkst: “Ich bin nicht normal!”.

Spüre die Kraft gelebter Sisterhood, indem du dich mit anderen Frauen verbindest und durch sie und mit ihnen heilst! Bis zum 15. Januar haben die Tore des Pleasure Queens Clubs geöffnet.



Fazit oder TL;DR

  • Mit Sisterhood lebst du inklusiven Feminismus in deinen Beziehungen zu anderen Frauen.
  • Sisterhood beschreibt die Fähigkeit, dich mit allen Frauen – unabhängig von sexueller Identität, Orientierung oder Herkunft – zu solidarisieren.
  • Aufgrund des patriarchalen Systems, gesellschaftlicher Konditionen und dem Einfluss von Medien ist diese Solidarität häufig gestört.
  • Diese Wunden (Sisterhood Wounds) zeigen sich hauptsächlich in Verurteilung und Abwertung anderer Frauen, Missgunst, Konkurrenzdenken und Vergleichen sowie Unsicherheit und Misstrauen.
  • Du heilst diese Wunden, indem du sie dir im ersten Schritt bewusst machst. Beobachte dich in deinen Beziehungen zu Frauen: Welche Muster erkennst du?
  • Habe Mitgefühl und Demut gegenüber anderen Frauen: Versetze dich in ihre Lage, was siehst du in ihr, was auch in dir ist?
  • Zeige dich verletzlich anstatt auf Verletzungen anderer Frauen mit Ablehnung oder Rückzug zu reagieren. Öffne dein Herz.
  • Feiere den Erfolg anderer Frauen und unterstütze ihre Vorhaben. Ebenso heilsam kann es sein, wenn du dich von anderen Frauen unterstützen lässt.
  • Suche dir eine empowernde Gemeinschaft starker, liebevoller Sisters! Bis zum 15. Januar 2023 kannst du dich hier noch für den Pleasure Queens Club anmelden – gelebte Sisterhood rund um erfüllte Sexualität und Lust.

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